Kommentar zum Zusammenleben……

Hallo Wolfgang,

das klingt alles sehr, sehr vertraut. Malu (Cairo von den Gänsewiesen) ist jetzt 14 Monate alt und hat mich in den ersten Monaten ihrer Rudelzugehörigkeit oft ganz schön kalt erwischt. Auf so viel Power und Durchsetzungsfreude war ich nicht gefasst – mein Sohn Jan (24 Jahre alt) sah das streckenweise etwas entspannter, beobachtete aber auch einen gewaltigen Kräfteverzehr selbst bei ihm. Sauber wurde Malu erst nach vier Wochen, sie hatte eine bakterielle Infektion mit “Proteus Mirabilis” und zwar eine kräftige! Ich hatte auf ein Antibiogramm bestanden, das uns schließlich des Rätsels Lösung brachte (das war ein Tipp von einer Freundin).

Dann ging’s sofort besser. Mit dem Tag der Behandlung war Malu spontan sauber. Aber ihr Temperament und ihre Behauptungswille waren natürlich unabhängig von dieser Geschichte gewaltig. Ich versuche, meine Gedanken/Tipps, die wir selber lernten, kurz in Stichpunkten zu fassen. Sorry, wenn’s doch etwas länger wird.

– wir haben von Anfang an Klarheit beim Fressen geschaffen. Erst wir, dann sie, und nur auf ein Zeichen hin!

– draußen durch “Rang ablaufen”, also Umdrehen, sobald sie an uns vorbeizog, Malu dazu gebracht, wenigstens in ersten Ansätzen zu kapieren, dass sie hinter uns gehen soll, weil wir alles im Griff haben und uns ganz klar als erste jeder Situation stellen.

– wir stellen uns auch immer mal wieder zwischen sie und den Rest der Welt und zeigen damit, dass wir sie einerseits beschützen und andrerseits erst Zugang erlauben, wenn wir uns vergewissert haben, dass das für sie ok ist. Wir entscheiden, dann darf sie nach einem (und sei es auch noch so kurzen) Blickkontakt auch laufen, toben, frei sein…. bis wir sie rufen, loben, streicheln und wieder in die Toberei entlassen.

– genauso gehen wir als erste durch jede enge Passage hinaus in die Freiheit und auch zurück in die Höhle: Erst der Chef, der/die macht alles klar, dann das knuddelige Fußvolk. Das zeitigt echte Wirkung!

– sie hat alle Posten (bis auf das Fressen) gerne immer wieder hinterfragt und bekam konsequent die gleiche Antwort: Weil wir das so wollen. ;o)

– Übungseinheiten anfangs kurz halten, damit die niedrige Toleranz- und Konzentrationsschwelle eines Welpen langsam höher werden kann. Fordert man zu lange zu viel, schaffen sie es nicht und der schöne Ansatz geht verloren.

– Langsam aber konsequent. Und dann wird das schon. Hab ich streckenweise auch nicht mehr geglaubt, funktioniert aber tatsächlich.

– die Box ist eine Super-Idee, wir hatten sie leider erst, als Malu schon 5 Monate alt war, und seither ist sie im Einsatz. Jedesmal, wenn sie “frech wird” und auftreiben will, landet sie höflich aber konsequent dort, und wenn sie nicht auf Geheiß dort bleibt, wird der Reißverschluss zugemacht. Wir geben ihr aber immer eine Chance und üben dabei das “Bleib”.

– der linke unter Alubalken ist seit ihren ersten Buckel- und Protestversuchen beim Besuch einer lieben Freundin, die sie nun nicht mehr anspringen sollte, etwas krumm, aber er hält noch ;o). Heute schläft sie selber gerne darin und bewacht von dort aus ihre Futterbereitung oder genießt schlicht unsere Nähe, wenn wir mit Freunden am Tisch daneben sitzen und ihrem tiefen Schnarchen lauschen dürfen…

– Malu “wurde frech”, weil sie, wohl ähnlich wie Euer “Star-Paket” auf Strenge und Unmut im herausfordernden “Ach, ja, dann komm mal her” Antwortmodus reagiert. Irgendwann hat mir mein Bauchgefühl gesagt, dass ruhige Wortlosigkeit und konsequentes ruhiges Handeln, sprich wegschieben, hinschieben, Klappe zu, Klappe auf, noch mal von vorne… den meisten Erfolg hatte – verbunden mit Handzeichen und dem einen oder anderen Kommando. Und einem seligen Hinsinken auf die Couch mit meinem Kaffee, weil sie jetzt mal für 20 Minuten in der Box gesichert war…. ;o) Die steht übrigens innenarchitektonisch wertvoll direkt am Sofa… da wo eigentlich ihre hübsche Decke liegen sollte ;o)

– Und es wird viel belohnt. Jedesmal, wenn sie gerufen wird und Blickkontakt mit uns aufnimmt, mit Futter oder mit Streicheln. Durchaus abwechselnd, anfangs aber hauptsächlich mit Futter. Wichtig: Niemals locken, das haben wir Pseudo-Chefs gar nicht nötig ;o) ! Nur belohnen, wenn Sie Blickkontakt gibt.

– Das Fußgehen haben wir geübt wie folgt: Sie zieht, wir bleiben stehen. Und hangeln uns nach vorne zu ihr. Sie zieht uns nicht und wir sie auch nicht. Nur ohne unsere Kniehöhe an ihrer Nase sollte sie einfach nicht weitergehen. Kein Zerren. kein Ziehen. Coole Ruhe – und eine Menge Geduld. Auch das Rang ablaufen ist hier eine gute Unterstützung. Es lässt sich prima auf schmalen Wegen im Wald oder so üben… solange sie so klein sind, folgen sie ja automatisch. Schlicht ausnutzen! ;o)

– Malu hat sich tatsächlich richtig gut gemacht. Wir lieben sie innig und sie geht toll mit uns “auf die Jagd”. Sie wird nur noch selten “frech” und wird dann blitzschnell mit stillem aber zügigem Körpereinsatz meinerseits in ihre Box “begleitet”, wo sie mittlerweile auch ein “Bleib” ganz gut einhalten kann.

– Überhaupt kommunizieren wir mit ihr mittlerweile fast wortlos. Der eigene Körpereinsatz ist der wichtigste Erziehungsberater geworden. Damit meine ich übrigens nicht die Hände, sondern ein tatsächliches und recht bestimmtes auf sie Zugehen und Zurückdrängen (nicht in die Ecke!) sobald sie versucht, mich zu maßregeln, anzuspringen oder auf ihre sehr direkte Art Aufmerksamkeit einzufordern.

– Beim Leinentraining bedeutet das auch mal, sie mit einem Bein schräg vor sie gestellt deutlich dazu aufzufordern, sich hinzusetzen und hochzublicken oder mich vor sie zu schieben um sie hinter mir gehen zu lassen, wenn sie das nicht von alleine tut. Manchmal drehe ich mich auch ganz vor sie hin, wenn sie arg drängeln möchte, weil da ein anderer Hund auf sie wartet, oder sie einen Verbrecher vermutet, wo nur ein Spaziergänger geht. Dann muss sie auch mal zurückweichen, mich ansehen, brav an meiner Seite bleiben, bis es Zeit ist für Leinen los und hinaus aufs Feld…

– Dieser Ganzkörpereinsatz hilft mir übrigens auch, dem Kraftpaket mich mit ganzer Größe entgegenzustellen. Das schlichte Halten am anderen Ende der Leine eines 20/30/40-Kilo-Hundes, der plötzlich nach vorne stürmt, hat meine Oberarme und meine Schultern gewaltig strapaziert. Schmerzende Hände, verrenkte Finger und eine ordentliche Zerrung im linken Arm haben echtes Mitgefühl mit deiner Beule und deinen Händen ;o)

Ich bin erstaunt, wie groß unsere Fortschritte heute sind. Malu ist erst 14 Monate und bereits jetzt in einem wirklich noch sehr jugendlichen GSS-Alter ein toller Hund geworden, obwohl, oder vielleicht gerade, weil wir so viel mit ihr lernen mussten und noch müssen. Ich bin nach wie vor in Ausbildung und Malu profitiert auch davon ;o)

Ich kann euch nur Mut machen, den für euch richtigen Trainer zu finden und euch immer wieder korrigieren zu lassen. Für uns lauten die wichtigsten Meilensteine: Stille, Ruhe, absolute Souveränität, Konsequenz und Körpereinsatz – ohne Hände und ohne jede Gewalt. Kein Zerren, kein Ziehen. Lieber Stehenbleiben und kurz sammeln. Und wenn’s ein blöder Tag ist, darauf bauen, dass auch wieder bessere kommen.

Sucht euch einen Trainer, eine Trainerin, die gerne auch mit großen und selbstbewussten Hunden arbeitet und deren Hauptqualitäten Gelassenheit, ruhige Sicherheit im Umgang mit dem Hund, Aufmerksamkeit und Zuneigung sind. Jemand, der eurem “Bauchgefühl” gefällt. Leroy wird es euch danken und er wird bestimmt ein toller Kerl. Er will vielleicht nur aus euch all das herausholen, was euch zu echt coolen Ranghohen macht. Ist doch auch mal ein spannender Lebensinhalt, oder?

WICHTIG:

– Keine Spannung aufbauen und deshalb dem Welpen nicht von vorne begegnen und nicht vor ihm stehen, sondern möglichst immer seitlich. das nimmt viel Konfrontation von vorne herein weg. Malu hat sich gern voll “frontig” vor uns gesetzt, dann haben wir uns eben seitlich aufgestellt. Unser Signal: Keine Konfrontation! Möglichst auch Geschirr und Halsband von der Seite her über den Kopf streifen.

– WICHTIG: Auch wenn man dann mal bewusst einige Schritte auf den Hund zu macht (siehe Körpereinsatz): beim ersten Zeichen von Beschwichtigung sofort abbrechen und abdrehen. Beschwichtigungssignale siehe bei Turid Rugaas..

– WICHTIG: Wenn Leroy seine Haare den ganzen Rücken entlang aufstellt, ist das ein typisches Zeichen für Unsicherheit. Selbstbewusstheit signalisiert er nur, wenn er die Haare allein im Nacken aufstellt, das machen aber eher nur erwachsene Tiere. Junge Hunde laufen quasi ständig mit einer Wirbelsäulelangen Bürste herum ;o)

Wenn dir das jetzt nicht zuviel war und du damit was anfangen kannst, lass dir von Grete meine Kontaktdaten geben. Ich bin gerne bereit für Gespräche und Austausch, denn wir lernen selbst jeden Tag neu dazu. Und wir haben tolle Menschen getroffen, die uns gute Wege weisen. Ich teile die Tipps und Gedanken und Erfahrungen gerne.

Herzlichen Gruß und Kopf hoch! Das dauert, aber es wird gut!
Britta

 

Dazu ein auflockerndes Foto von M.H. - Grosser Schweizer Welpe teilt mit den Hausgenossen oder umgekehrt ?