Zughund 4. Teil

Was führten die Hunde dazumal für ein Leben! Kein Hundeführerschein, keine Hundeversicherung, keine Begleit- Hundeprüfung, keine Paarungsplanung und Progesteronbestimmung, keine Zughundeprüfung…….

Im Alten Gramastetten lebten die Marktbewohner von kleinen Landwirtschaften und Gewerbe. Wirte, Bäcker,  Zuckerbäcker – bekannt  die Gramastettner Krapferl, Färber, Kramer und nicht zu vergessen der Fleischhacker, wohnten nebeneinander an der Marktstrasse.

Diese Erlebnisse mit Luchs dem Neufundländer sind in den Jahren um 1930 in Gramastetten passiert. Aus „Dorfgeschichten“ von Bruno Gattringer.

Marktstrasse

Auf Freiers Füssen

Das Gespann Luchs, der Neufundländer, gross schwarz und zottelig und sein Herr, der Baumgartner Franz, gross, dick, Fleischhauer und Viehhändler, waren zwecks Viehaufkauf nie ohne einander im „Gäu“. Der Hund half beim  Viehtrieb als „Hintermann“,   und sonst suchte er Liebschaften bei den Bauernhunden, während sein Herr im Einkauf tätig war.

Zu Fuß von Hof zu Hof mussten sie den Geschäften nachgehen, und auf dem Heimweg wurden die müden Füsse und die Pfoten dem Postautobus anvertraut.

Da kam zu Verwunderung des Postchauffeurs und der Passagiere auf einmal  die Zeit, wo Luchs der Hund die Strecke von Feldsdorf  nach Gramastetten ohne Fahrschein und ohne Herrl, regelmäßig als Schwarzfahrer benützte. Seine Fahrkarte war ein leicht entblösstes Gebiss beim Einstieg in den Bus, und genau so löste er auch die Platzfrage.

Luchs dem Hund, wurde wegen seiner Grösse überall mit Respekt begegnet, aber wegen seiner Klugheit wurde er bewundert. Niemand traute sich Abbruch in seine Aktivitäten zu bringen. Man rätselte über die Beweggründe seiner Ausflüge nach Feldsdorf, und es wurde bald ruchbar, dass sein Motiv eine heisse Leidenschaft zu einer Hundedame gewesen ist.

Das erworbene Vertrauen zu Automobilen brache es mit sich, dass er zu Hause seine Siesta immer mitten auf der Fahrstrasse schlafend verbrachte. Es gab damals nicht so viele Autos, aber die da fuhren, mussten den Luchs umrunden, weil er nicht wich.

Von seiner Position auf der Marktstrasse übte er eine Kontrollfunktion für alle Vierbeiner, die des Weges kamen, aus. Katzen jagte er verächtlich fort, aber seinesgleichen rief der Rüde, mit gefletschten Zähnen zur Ordnung.

Bei Hunden weckte das Hundegespann des „Fürkäufers“ seinen Kampfgeist. Dieser war mit zwei kräftigen vor dem Karren gespannten Zughunden unterwegs um Butter, Eier und sonstige Viktualien bei den Bauern einzuholen. Diese Waren brachte er am nächsten Tag in Linz zum Verkauf. Jedes mal, wenn  der Eiersammler heimwärts fuhr, kam es im Herrschaftsbereich des Luchs zu einer wilden Hunderauferei. Karo und Nero, die Zughunde, wussten der Attacke des Baumgartnerhundes mit Zähnen, Pranken und Gebell im Gegenangriff zu begegnen, aber leider waren sie im Zuggeschirr vorgespannt, da war eine optimale Abwehr nicht möglich. Bei solchen Scharmützeln ist es schon passiert, dass das Eiergeschäft ins Wanken kam und kippte. Die Waren kullerten in den Staub der Marktstrasse, die damals noch eine Schotterstrasse war. Die Eierspeise im Dreck war beachtlich, und für den Schadenersatz war sich der Besitzer vom Luchs zu gut. Bei diesem Hundeduellen mischten zur Rettung des Nero und des Karo, auch die Nachbarschaft mit Besen und Geschrei mit, aber nach dem Scharmützel bezog Luchs wieder seine Lauerstellung auf der Marktstrasse. Manchmal musste er auch seine Wunden lecken.

Ziehkarren um 1930
Der Ziehkarren mit vorgespannten Hund war für unsere Region das typische "Markfahrer Fahrzeug" Mit den grossen Rädern kam man auch auf unwegsamen Gelände gut zurecht. Dieser Ziehkarren stammt von meinen Eltern.