Heute ist wieder Adventsonntag. Draußen ist es trüb und selbst
unser Hund überlegt, ob er denn wirklich hinaus muss. Er
schläft einmal auf der Bank im Wohnzimmer und steht nur auf,
um zu einem weiteren Schlafplatz in der Wohnung zu
schleichen. Mit seiner Schnauze schiebt er die Decken in
seinem Korb hin und her und schaut mich mit müden Augen
an. Erst als ich mich in die Küche begebe, erhebt er sich
wieder, um nachzuschauen, ob beim Kochen etwas für ihn
abfällt. Tut es aber nicht.
Enttäuscht zieht er wieder ab, dreht sich noch einmal mit
fragendem Blick um, um sich dann – mit seinem Schicksal
hadernd- in sein Körbchen zurückzuziehen. Er grummelt vor
sich hin und reagiert seine Enttäuschung an der Decke ab, die
in seinem Bettchen liegt.
„Wie können Menschen nur so gemein sein und mir nichts von
dem guten Essen abgeben?“ scheint er zu denken. Er kann ja
so arm schauen, dass es einem schwer fällt, ihm nichts zu
geben, aber der Tierarzt hatte es uns empfohlen, weil es ihm
gut täte, wenn er keine gewürzten Speisen bekäme. So halten
wir uns daran, denn wir wollen, dass er gesund und agil bleibt.
Er ist ohnehin sehr gut genährt.
Eine halbe Stunde später fordert er von Herrchen seine
Spieleinheit ein. Erst setzt er sich neben ihn und stupst ihn mit
seiner Schnauze ganz leicht an. Ich muss schmunzeln, weil er
macht das jedes Mal gleich. Reagiert sein Herrchen nicht
drauf, bohrt er seine Schnauze in dessen Oberschenkel und
grunzt laut dabei. Er wird unausstehlich, wie ein Kind, das
lästig ist, weil es nicht alleine spielen will. Herrchen sagt:
“Nein, jetzt nicht! Warte ein bisschen. Ich möchte den Artikel
noch fertig lesen.“ Die Schnauze bohrt sich tiefer hinein, das
Gegrunze wird lauter, fordernder. Jetzt gibt es zwei
Möglichkeiten: Entweder spielt man mit ihm, oder schiebt ihn
vom Sofa. Herrchen entscheidet sich für die zweite
Möglichkeit, aber mit der Ruhe ist es vorbei. Entscheidet er
sich, sitzen zu bleiben, ist solange keine Ruhe, bis der Hund
aus dem Raum gegeben wird. Dazu muss Mann aber auch
aufstehen und das wollte Mann ja gerade nicht.
Wer wird sich durchsetzen? Das ist nun die Frage. Ich glaube,
es schon zu wissen, denn in neun von zehn Fällen siegt….- der
Hund! Ja, ja – wäre ich bei der Erziehung unseres Sohnes
auch so „konsequent“ gewesen, dann….aber lassen wir das.
Auch ein Hund hat bei uns natürlich Rechte und das hat er
schon mitgekriegt. Er weiß meist ganz genau, wie weit er
gehen kann. Es ist ja unglaublich, wie man von Tieren
beobachtet wird. Er weiß genau, wann man was vorhat. Er
beobachtet uns ja ständig. Er nimmt sich die Zeit und schaut
uns zu, was wir wann und wobei machen. Und er spürt auch,
wenn wir jemanden erwarten. Haben sich unsere Kinder
angesagt, ist er angespannt. Sie können nicht so oft kommen,
weil sie weiter weg wohnen, aber wenn wir sie erwarten, dann
ist natürlich alles anders als sonst. Ich muss vorher mehr
einkaufen, besorge natürlich die Lieblingssachen der Kinder,
muss mehr verstauen. Die Wohnung wird geputzt. Hund steht
dann ständig im Weg herum, weil er immer glaubt, er
versäumt etwas. Er mag eigentlich keinen Lärm, aber da ist er
überall dort, wo ich auch bin. Ich könnte ihn mit dem
Staubsauger einsaugen, denn er weicht nicht von meiner
Seite. Es ist einerseits nervig, aber auch wieder lieb, denn man
merkt ihm die Vorfreude an. Da hat er so seine Antennen.
Dann! Es läutet an der Türe, der Hund ist nicht mehr zu
bremsen. Er würde aus purer Freude unser Enkelkind
gnadenlos überrennen, wenn wir nicht aufpassten. Gleichzeitig
möchte er alle begrüßen. Der ganze Hundekörper bebt vor
Freude. Es dauert ein paar Minuten, bis er sich wieder
beruhigt. Die Begrüßung fällt jedes Mal so stürmisch aus, als
kämen alle von einer jahrelangen Reise zurück.
Endlich ist die Familie wieder einmal komplett! Unser Hund
Yasu ist genau so glücklich wie wir und sie zeigt dies auch. Der
Advent beginnt wunderschön! Unsere Enkelin ist eine
leidenschaftliche Kerzenanzünderin. Sie zündet alle Kerzen –
die im Wohnzimmer herumstehen – an und die ganze
Wohnung riecht nach Wachs. Ich mag das. Es gehört für mich
zum Advent wie Vanillekipferln und das Lied „Zünde ein
Lichtlein an“, das ich als Kind im Flötenunterricht gelernt habe.
advent ist wie ein warmes, heimeliges licht, das – einem
wegweiser gleich – die Richtung zeigt.
E. Woblistin