Monsieur 100.000 Volt – alias Moritz von den Gänsewiesen.

 

Wer kann sich nicht an Gilbert Becaud erinnern, der mit seinem überschäumenden Temperament Alt und Jung elektrisierte? Unser Moritz tut das Gleiche und deswegen nennen wir ihn so!

 

Morgens um 6 Uhr erhebt er sich von seiner Couch und erforscht mit seinem Frauchen Karin das Wetter. Seit einer Woche – 5 Monate alt – mit einem zum gegebenen Anlaß erhobenen Bein! Nach der Heimkehr – erfrischt von der würzigen Luft des Wienerwaldes – beschließt er, den Hausherrn Gerhard aus seinem Pfühl zu verjagen, indem er sich wie ein Kamikaze-Pilot auf ihn stürzt und ihn –  fest verbissen in dessen Pyjama – zu einer freundschaftlichen Rauferei auffordert, die auch schon einmal zu einem richtigen Schmiß auf der Wange führen kann. Wegschupsen oder ignorierender Liebesentzug sind absolut unmöglich, bis die „Chefin“ in der Schlafzimmertür erscheint und mahnend den Zeigefinger hebt. Mehr ist nicht erforderlich, um die morgendliche Elektrotherapie schlagartig zu beenden und den jungen Herrn zum Frühstücksnapf zu dirigieren.

 

Hinter verschlossener Schlafzimmertür kann sich nun der Zweibeiner anziehen, denn in Gegenwart von Moritz wäre das nicht möglich, weil dann immer ein Socken oder ein Pantoffel unerreichbar sind. Aber dann wird der Garten zum Herumtollen freigegeben, die Nachbarhunde werden bellend begrüßt und Frauchen beginnt mit der Hundeschule (seit einiger Zeit an der 10 m Schleppleine): Sitz, Platz, Komm, Hier, Nein, Aus, Bring – und viel Lob und Leckerlis. Zur Entspannung Fangerl mit der Reizangel oder zusammen mit dem Hausherrn Verstecken hinter den Bäumen im Garten.

 

Nach so viel Activity ist dann eine ausgiebige Ruhepause angebracht – im Haus auf der Couch, in der Hundeboxhöhle oder auf einem der Teppiche, möglichst in Körperfühlung mit einem der Zweibeiner, damit die nicht etwa verloren gehen!

 

Aber manchmal muß Frauchen mit dem Auto fort, um eine Besorgung zu machen. Da setzt sich der Herr 100.000 Volt im Vorzimmer vor die Haustür, fiept, weint bitterlich, bellt ein bißchen und zieht sich dann tieftraurig zurück. Wenn er zwischendurch aufwacht, ist er ganz lieb und ziemlich folgsam zum Herrchen, denn der ist ja jetzt sein Vize-Chef.

 

Und dann nähert sich wieder das Auto und Frauchen läutet an der Glocke. Da entladen sich die 100.000 Volt, daß die Funken nur so sprühen. Frauchen muß sich ganz fest hinstellen, damit sie nicht von den heranstürmenden 17 kg umgerannt wird, Und natürlich werden alle Taschen und Sackerln genauestens inspiziert – zu dumm, daß sie nicht auch zerlegt werden dürfen! Und dem Vizeherrchen wird wieder sein Platz als Punchingball zugewiesen.

 

Gestern – 21 Wochen alt – wurde Moritz von den Gänsewiesen in das Debutanten-Komitee der Wiener-Innenstadtbesucher aufgenommen. Das Haus und die Wohnung hatte er schon einmal kurz kennengelernt, aber gestern stolzierte er mit Frauchen durch den Burggarten, über die Ringstraße und den Heldenplatz direkt ins Zentrum. Na, das war eine Aufregung und ein Erlebnis: die engen Gassen mit den hohen Häusern, die Fiaker mit ihren Pferden, die vielen Autos und Zweibeiner – das alles macht einem Entlebucher natürlich keine Angst, er ärgert sich auch nicht darüber, aber die Neugier!!!! Da darf und muß auch gebellt werden. Schließlich hat man inzwischen einen herrlichen Baß-Bariton bekommen, wie ein ganz großer. Den kleinen Kläffer in der Nachbarwohnung muß man wirklich gar nicht beachten. Aber anstrengend ist das schon, und zu Hause kann man dann die ländliche Ruhe richtig genießen!

 

Beim Heringsschmaus war er auch dabei, und die enge Treppe im Haus der Freunde spornte ihn zu einem sportlichen Berglauf an.

 

Aber den Zweibeinern – oder dem Lieben Gott? – fällt natürlich immer etwas Neues auf oder ein: Seit zwei Tagen schüttet Monsieur derart den Kopf, daß die Ohren fast davonfliegen. Da muß man in die Tierklinik. Ohr durchleuchten, Tropfen und Salbe und nächste Woche zur Kontrolle – aber das haben viele jungen Hunde und das kommt in den Griff. Aber ein bißl Aufregung wars schon – Beißkorb anlegen, na sowas!

 

Jetzt kommen bald die Flegeljahre! Was da wohl alles zu erzählen sein wird???

 

Bis dahin

liebe Grüße von Gerhard, Karin und Moritz

 

Das Leben mit einem einfallsreichen Entlebucher bleibt spannend und wir warten auf weitere Erlebnisse mit würzigem Humor.